… weil jeder anders is(st)!

Die Ernährung ist eine DER Grundsäulen in der ayurvedischen Gesundheitslehre.

Aufgrund der Pulsdiagnose kann Diagnostiker Dr.Mishra die drei Doshas Vata, Pitta und Kapha bestimmen, um dann Lebensmittel auf den jeweiligen Konstitutionstyp anzupassen. Ein mögliches Ungleichgewicht kann so wieder ins Lot gebracht werden. Die Küche des Hotel Engel bietet den Gästen genau das an: einen individuell abgestimmten Ernährungsplan, der während des Aufenthaltes für einen gesunden Körper und einen ausgeglichenen Geist sorgt. Eine gute Kommunikation zwischen dem konsultierenden Arzt und dem Kochprofi ist daher das A&O. Aber Kommunikation ist garantiert nicht eine der Schwächen des Chef de Cuisine im Hotel Engel und der Johannesstube. Ganz im Gegenteil ...

Organisation ist alles

Theodor Falser kommt strahlend aus der Küche und begrüßt mich herzlich. „Na, schon Hunger?”, lacht er und lädt mich in sein Küchenreich ein. Die Chance, einem Michelin-Koch über die Schultern zu schauen, hat man wohl nicht alle Tage. Umso mehr freue ich mich, dass ausgerechnet ich dazu die Möglichkeit bekomme! :)
Ich bin gespannt, was mich in einer Küche eines so großen Hauses erwartet und wie das Angebot der ayurvedischen Küche neben dem „normalen” Küchenalltag reibungslos ablaufen kann. Aber ich merke schnell: Theodors Team ist gut organisiert und der Chef hat alles ziemlich gut im Griff. Vorbereitung ist die halbe Miete, auch das ist offensichtlich. Selbst auf meinen Besuch hat sich Theodor extra vorbereitet und alle für das Mittagessen benötigten Zutaten längst bereit gestellt.
Er erklärt mir, welche Zutaten das sind und beginnt mit der Basis eines jeden ayurvedischen Gerichtes, dem „Ghee”, einer Art Butter, die zu Beginn aufgekocht und abgeschäumt wird. Nachdem das Wasser weg ist, bleibt nur noch das Fett übrig. „Wir kochen heute zuerst Reis und anschließend Gemüse”, teilt mir Theodor mit. Der Basmati-Reis ist bereits vorgekocht, auch Schnittlauch, Garam Masala, Sojasoße, Erbsen, rotes Zwiebelpulver, Erbsenpulver, Kurkuma, Senfsamen, Ingwer und die selbstgemachte Gewürzmischung Garam Masala stehen zum Kochen und Anrichten schon bereit.

Risi Pisi auf Indisch und Multitasking alla Theodor

Los geht’s mit dem Reis! Theodor gibt die Senfsamen zum Ghee und reibt frischen Ingwer, etwas Garam Masala sowie das Curcuma dazu und brät alles an, um den Geschmack aus den Zutaten herauszuholen. Dann kommen die Erbsen und der Reis in den Topf. „Heute machen wir ein bisschen mehr, für dich – und Frau Kohler isst auch jeden Tag davon”, verrät uns der routinierte Chef. Theodor stellt mir augenzwinkernd seinen Küchengehilfen vor, der neben uns steht: „Das ist Joel, der Meister des Ayurveda”, woraufhin dieser lachen muss.
Ein jeder Handgriff sitzt und Theodor arbeitet dementsprechend flott. Während ich aufpassen muss, dass ich jedem seiner Schritte folgen kann, zaubert er nebenher mal schnell das Mittagessen und gibt seinem Küchenteam gleichzeitig auch noch Anweisungen, was für den restlichen Tag noch so ansteht und zu erledigen ist. Multitasking vom Feinsten.

Was für den einen gut ist ...

Ich erfahre, dass der Reis immer auf unterschiedliche Art zubereitet wird, je nach Dosha. Manchmal wird er mit Zwiebel, manchmal ohne zubereitet, für manche Gäste kommt Gemüse hinzu, bei manchen müssen bestimmte Zutaten wie Tomaten oder Peperoni vermieden werden. Oft wird Garam Masala weggelassen, dafür vielleicht mehr Curcuma verwendet. Einige müssen auf Kohlenhydrate verzichten, einige auf Fleisch, wiederum andere sollten nur Bestimmtes davon essen. Dr. Mishra gibt dem Küchenchef die notwendigen Informationen für den individuellen Speiseplan. Dieser rotiert, so erklärt mir Theodor. Grundsätzlich werden jeweils drei Gerichte für mittags sowie abends zubereitet. „Die Basis ist immer dieselbe”, erläutert er, „und dann hängt alles von den Doshas ab. Wenn wir zehn Ayurveda-Gäste im Haus haben, kann das auch mal bedeuten, dass wir acht völlig unterschiedliche Menüs zusammenstellen müssen. Es ist wirklich interessant – und vor allem: keine Hexerei! Du kannst das auch zuhause ganz einfach nachkochen, wenn du die Zutaten hast, die wir hier gerade verwenden.”
Während er mir alles erklärt, brät Theodor den Basmati-Reis an und ein angenehmer Duft breitet sich in der Küche aus. Ich merke schon, wie mein Magen darauf reagiert: mit Hunger! :)
Salz wird in der ayurvedischen Küche übrigens keines verwendet – stattdessen wird Sojasauce zum Würzen in den Reis gegeben und nochmal alles gut verrührt. Fertig!

Gemüse – alles andere als langweilig!

Als nächstes wird das Gemüsegericht zubereitet. Hierfür hat Theodor wieder das Ghee, Garam Masala, sowie geschnittene rote Zwiebel, blanchierten Knollensellerie und einfache vor-blanchierte Zucchini vorbereitet. In der ayurvedischen Küche findet nur die rote aromatische Zwiebel Verwendung – und in unserem Gemüsegericht brät er diese im Ghi an und reibt auch hier wieder frischen Ingwer hinein. Er gibt die Zucchini hinzu, sowie eine andere Form des Garam Masala und verrät, dass alle Gewürzmischungen vom Küchenteam selbst gemacht werden. „Auf diese Weise wissen wir ganz genau, was drin ist”, sagt Theodor. Der vorgeschnittene Knollensellerie wird zum Rest dazugegeben und mit Sojasauce noch einmal richtig durchgeschmort und durchgerührt.
Mmh, ich kann gar nicht glauben, wie köstlich das alles aussieht und duftet und wie schnell die beiden Gerichte zubereitet sind. Und noch mehr erstaunt mich, wie Theodor es schafft, mit nur wenigen Handgriffen, einigen Kräutern, Blumen, Gemüsepaste, Zwiebel- und Erbsenpulver die Gerichte derart ästhetisch und appetitanregend zu präsentieren. Ein Meister seines Fachs! :)
Und ich? Ich bin einfach nur inspiriert, hungrig und freue mich auf mein ayurvedisches Mittagessen!

So verlockend die Gerichte und ihr Duft in der Küche waren, so vorzüglich schmeckten Reis und Gemüse dann tatsächlich auch. Wie mit nur wenigen, einfachen Zutaten und wenigen Arbeitsschritten ein derartiges Geschmackserlebnis zustande kommen kann, ist schon sehr beeindruckend. Und dass all die individuell angepassten Menüpläne einfach so nebenbei im Eifer des Hotelalltags und trotzdem mit so viel Liebe und Hingabe zubereitet werden können, ist bemerkenswert. Und köstlich. Wirklich köstlich.
Auch Hunger bekommen?
Für alle, die diese wirklich einfachen Gerichte zuhause nachkochen möchten, habe ich hier nochmal die von Theodor verwendeten Zutaten aufgelistet.

Basmati-Reis mit Erbsen und Kurkuma
  • Ghee
  • Senfsamen
  • geriebener Ingwer
  • Garam Masala
  • Kurkuma
  • vorgekochter Basmatireis
  • Erbsen
  • Sojasauce

Sellerie-Zucchini-Gemüse
  • Ghee
  • kleingehackte rote Zwiebel
  • geriebener Ingwer
  • Garam Masala
  • in Scheiben vorgeschnittener und vor-blanchierter Knollensellerie
  • vorgeschnittene und vor-blanchierte Zucchini
  • Sojasauce

Alles nach der Reihe in den Kochtopf geben, immer wieder gut durchrühren und schmoren lassen. ;)